Neiterser Wied-Scala nutzte die Zwangspause für eine Teilrenovierung

Der Tag X liegt in gar nicht mehr allzu weiter Ferne: Für Kinobetreiber und Fans, die sich gerne Blockbuster oder Nischenproduktionen auf einer großen Leinwand mit exzellentem Ton anschauen, wird der 1. Juli 2021, ein Donnerstag, mit Sehnsucht erwartet. Nach monatelang geschlossenen Türen dürfen die Lichtspielhäuser mit Beginn des zweiten Halbjahres endlich wieder ihre Pforten öffnen.

Auf der einen Seite steht der Frust, dass seit vielen Monaten die Projektoren ihre Arbeit nicht mehr verrichten durften; auf der anderen Seite kam die Zwangspause den Verantwortlichen der Wied-Scala, des einzigen Kinos im AK-Land in Neitersen, doch gar nicht so ungelegen. Rund 180.000 Euro steckten sie in die Renovierung des Lichtspieltheaters, das bereits seit 1956 in Betrieb ist und in dem Gebäude eine Werkzeugschmiede ablöste. „Wir haben eine neue Decke mit Wärmedämmung eingezogen“, beginnt Uli Hüsch, der gemeinsam mit Karin Leicher und Wilma Hüsch als Betreiber fungiert, die Aufzählung der Upgrade-Maßnahmen. Die Soundanlage verfügt nunmehr über das Dolby-Surround-Level 7.1 und ist somit von der Topkategorie Atmos nur noch Nuancen entfernt, wie Theaterleiter Samuel Tomasiello ergänzt. Diese Aufwertung bedingt, dass, wie die größeren Brüdern Cinexx in Hachenburg und Cine 5 in Asbach es bereits anbieten, Klassik-Konzerte in hervorragender Bild- und Tonqualität gezeigt als auch gehört werden können. Der Markt halte in dieser Sparte inzwischen viele Angebote bereit, weiß Uli Hüsch, „das sind inzwischen echte Renner geworden.“ Für die Premiere in der Wied-Scala ist der „Der fliegende Holländer“, eine romantische Oper in drei Aufzügen von Richard Wagner, vorgesehen, die 1843 uraufgeführt wurde und von den Bayreuther Festspielen übertragen werden soll.

Deutlich besserer Sitzkomfort

Freuen können sich Freunde dieses Musik-Genres (und nicht nur die) auf einen deutlich verbesserten Sitzkomfort, einem alles in allem „viel ansprechenderen Ambiente für Opernfreunde“. Die alte Klappbestuhlung wurde eliminiert, an ihre Stelle traten moderne, bequeme Kinosessel mit deutlich mehr Abstand, größerer Breite (63 Zentimeter), ausgedehnterer Beinfreit und kleinen Tischen in den Zwischenräumen. „Deswegen mussten wir die Sitzplatzzahl auch von 110 auf 72 reduzieren, davon sind 12 auf der Empore vorhanden“, blickt Karin Leicher auf die Zeit zurück, in der lediglich Bauarbeitern der Zutritt gewährt wurde, „die Maßnahmen hätten wir bei laufendem Betrieb gar nicht stemmen können.“ Das Schmuckkästchen habe eine klare Aufwertung für das Publikum erfahren. Dass das verantwortliche Trio die Investitionen nicht aus den eigenen Portemonnaies alleine bewerkstelligen konnten, liegt auf der Hand. Das Zukunftsprogramm Kino der Filmförderungsanstalt und das Staatsministerium für Kultur und Medien überwiesen Beträge, so dass das bereits vielfach für sein Programm ausgezeichnete Kino gar noch bessere Chancen hat, am Markt auch weiterhin bestehen zu können. Denn, so formuliert es Karin Leicher: „Die Wied-Scala hat schon viele Stammgäste.“

Öffnungszeiten wie gehabt

Mit Beginn der „neuen“ Spielzeit am 1. Juli 2021 wird sich an den Öffnungszeiten vorerst nichts ändern. „Wir werden weiterhin von Donnerstag bis Sonntag spielen“, sagt Samuel Tomasiello und deutet zudem Spätvorstellungen freitags und samstags an. Vorerst verzichtet werden muss auf die immer gerne genommene Reihe „Film mit Frühstück“, weil die Kulinarik in großem Stil noch nicht gestattet sei. Unmittelbar nach der Wiedereröffnung soll die Wied-Scala verstärkt Anlaufstelle junger Cineasten werden, denn die Schulkinowoche von Rheinland-Pfalz, eigentlich immer im November angesetzt, rückt in den Hochsommer (5. bis 9. Juli 2021), die, so Leicher, bislang immer auf gutes Interesse gestoßen sei. Hatten vor der Pandemie Fußballfans während großer internationaler Turniere Abstecher nach Neitersen immer fest im Terminkalender vermerkt, ist Public Viewing während der gerade stattfindenden Euro 2021 kein Thema - zum ersten Mal seit 1990 ist Rudelgucken nicht möglich.

Quelle: AK-Kurier vom 20.06.2021

Fotos: (vh), (us)und (mf)